So 20.10.2024, 11.00 Uhr | Elbphilharmonie, Großer Saal
Josef Suk: Fantastické Scherzo op. 25
Igor Strawinsky: Divertimento aus „Le Baiser de la fée”
Peter Tschaikowsky: Symphonie Nr. 4 f-Moll op. 36
Dirigent: Andrey Boreyko
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
ANDREY BOREYKO
Musikalischer und künstlerischer Leiter - Warschauer Philharmonisches Orchester und Chor
Residenter Dirigent - Orchestra Sinfonica di Milano
Die Spielzeit 2023/24 markiert Andrey Boreykos fünfte Saison als Musikalischer und Künstlerischer Leiter der Warschauer Philharmoniker, mit denen er 2022/23 das 120-jährige Bestehen des Orchesters feierte. Während seiner Amtszeit unternahm das Orchester ausgedehnte Tourneen durch Europa, Asien und die USA, und für 2024 ist eine weitere Tournee nach Japan und Korea geplant. In dieser Saison treten sie auch beim Penderecki Festival, beim Beethoven Easter Festival und beim Chopin & His Europe Festival auf, wo sie Góreckis monumentale Sinfonie Nr. 3 "Symphony of Sorrowful Songs" aufführen werden.
In seiner zweiten Saison als Resident Conductor des Orchestra Sinfonica de Milano dirigiert Boreyko das Eröffnungskonzert der Saison 2023/24 im Teatro alla Scala, in dem er Mahlers Lied von der Erde mit Beethovens 5. Sinfonie kombiniert. Außerdem eröffnet er das Mahler-Festival mit Mahler 2 und kehrt im Frühjahr zurück, um unter anderem Miloslav Kabeláčs Mysterium der Zeit zu dirigieren. In der vergangenen Saison feierte Boreyko eine hervorragende Rückkehr zum London Philharmonic Orchestra. Seine Aufführung von Schostakowitsch 5 wurde von den Kritikern mit Begeisterung aufgenommen:
"Andrey Boreyko war die beherrschende Präsenz auf dem Podium für ein Trio von Werken, die gleichermaßen begeisterten und fesselten... er gab eine Meisterklasse darin, wie ein Dirigent den Interessen der Komponisten und ihrer Werke dient und wie man das Publikum nach mehr schreien lässt" - Christopher Woodley, Bachtrack *****
"Der Dirigent Andrey Boreyko zeigte eine beeindruckend konzentrierte Leistung." - Richard Fairman, The Financial Times ****
Als beliebter Gast des ORF Wien dirigierte Boreyko dessen Wagner-Programm beim Ravello Festival 2023 und kehrt in dieser Saison für ein Abonnementkonzert mit Schostakowitsch 8 zurück. Weitere Höhepunkte der Saison 2023/24 sind Abonnementkonzerte mit dem Royal Scottish National Orchestra, dem Polish National Radio Symphony Orchestra, den Prager Symphonikern, dem Aarhus Symphony Orchestra, dem Philharmonischen Orchester Straßburg und dem RTVE Symphony Orchestra Madrid.
In den letzten Spielzeiten kehrte Boreyko auch zum Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, dem Montreal Symphony Orchestra, dem Orquesta Sinfónica de Galicia, dem Valencia Orchestra, der Sinfonica Nazionale RAI, dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg, dem Cleveland Orchestra, dem Seoul Philharmonic Orchestra, dem Mozarteum Orchester Salzburg und den Sinfonieorchestern von Sydney, Seattle, San Francisco, Dallas und Houston zurück. Frühere Tourneen führten ihn u. a. zur Filarmonica della Scalla (Festivals in Ljubljana, Rheingau, Gstaad und Grafenegg), zum Staatlichen Akademischen Sinfonieorchester Russlands (Hamburg, Köln, Frankfurt und München) und zur Sinfonia Varsovia (Budapest Palace of Arts' Bridging Europe Festival mit Piotr Anderszewski).
Als Verfechterin moderner und weniger bekannter Werke setzte sich Boreyko 2017 in einem umfangreichen Konzert- und Aufnahmeprojekt mit dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra für Kompositionen von Victoria Borisova-Ollas ein. Mit den Warschauer Philharmonikern hat Boreyko mehrere Alben aufgenommen, darunter André Tschaikowskys Violinkonzert, Giya Kanchelis Libera me, Pendereckis Klavierkonzert und die zweite Symphonie. Während seiner Zeit als Erster Gastdirigent des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart spielte er Arvo Pärts Lamentate und Valentin Silvestrovs Symphonie Nr. 6 (beide für ECM Records), die Ersteinspielung seiner Originalversion der Suite aus Lady Macbeth von Mzensk sowie die Schostakowitsch-Symphonien Nr. 1, 4, 5, 6, 8, 9 und 15 ein, alle fünf Alben bei Hänssler Classics. Außerdem hat er Tschaikowskys Manfred-Sinfonie mit den Düsseldorfer Symphonikern und Lutosławskis Chain 2 mit dem Los Angeles Philharmonic für Yarling Records aufgenommen. Nonesuch veröffentlichte Boreykos Aufnahme von Góreckis Sinfonie Nr. 4 mit dem London Philharmonic Orchestra, kurz nachdem er die Weltpremiere im Konzert mit ihnen dirigiert hatte, und führte anschließend die amerikanische Erstaufführung mit dem Los Angeles Philharmonic auf.
Im Jahr 2022 beendete Andrey Boreyko seine achte und letzte Saison als Musikdirektor von Artis-Naples. Unter seiner inspirierenden Leitung wurde das künstlerische Niveau der Neapolitanischen Philharmonie angehoben, und im Laufe seiner Amtszeit erforschte er Verbindungen zwischen Kunstformen durch interdisziplinäre thematische Programme. Zu den bedeutenden Projekten, die er leitete, gehören die Kombination von vom Ballet Russes inspirierten zeitgenössischen Kunstwerken der belgischen Künstlerin Isabelle de Borchgrave mit Aufführungen von Strawinskys Pulcinella und Der Feuervogel sowie die Beauftragung einer Reihe kompakter Stücke von Komponisten wie Giya Kancheli, die mit einer Kunstausstellung mit kleinen, persönlichen Werken von Künstlern wie Picasso und Calder kombiniert wurden, die als besondere Geschenke für die renommierte Sammlerin Olga Hirshhorn entstanden.
Zuvor war Borey unter anderem Musikdirektor der Jenaer Philharmonie, der Hamburger Symphoniker, des Berner Sinfonieorchesters, der Düsseldorfer Symphoniker, der Winnipeg Symphony und des Orchestre National de Belgique. Als junger Musiker erforschte Boreyko die Musik des Mittelalters und der Renaissance und war aktives Mitglied der beiden Ensembles für Alte Musik der Sowjetunion, Res Facta und Baroque Consort. Als Student des St. Petersburger Konservatoriums gründete er eine der ersten Rockgruppen der UdSSR mit Schwerpunkt auf progressivem Rock. Abseits des Podiums schwelgt Andrey Boreyko in den Schönheiten der Literatur, des Kinos und der Natur.
Das Philharmonische Staatsorchester ist Hamburgs größtes und ältestes Orchester und blickt zurück auf einen langen musikalischen Werdegang. Als 1934 das „Philharmonische Orchester“ und das „Orchester des Hamburgischen Stadttheaters“ fusionierten, trafen zwei traditionsreiche Klangkörper aufeinander. Bereits seit 1828 wurden Philharmonische Konzerte in Hamburg gespielt, Künstler wie Clara Schumann, Franz Liszt und Johannes Brahms waren regelmäßige Gäste der Philharmonischen Gesellschaft. Die Historie der Oper reicht noch weiter zurück: seit 1678 gibt es in Hamburg Musiktheater, wenngleich sich ein festes Opern- bzw. Theaterorchester erst später konstituierte. Bis heute prägt das Philharmonische Staatsorchester den Klang der Hansestadt, ist Konzert- und Opernorchester in einem.
In seiner langen Geschichte traf das Orchester auf große Künstlerpersönlichkeiten wie Telemann, Tschaikowsky, Strauss, Mahler, Prokofjew oder Strawinsky. Seit dem 20. Jahrhundert prägten Chefdirigenten wie Karl Muck, Joseph Keilberth, Eugen Jochum, Wolfgang Sawallisch, Horst Stein, Hans Zender, Christoph von Dohnányi, Gerd Albrecht, Ingo Metzmacher oder Simone Young den Klang der Philharmoniker. Bedeutende Kapellmeister der Vorkriegszeit wie etwa Otto Klemperer, Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter, Karl Böhm oder Hans Schmidt-Isserstedt brillierten ebenso am Pult wie herausragende Dirigenten unserer Tage: Christian Thielemann, Semyon Bychkov, Kirill Petrenko, Adam Fischer, Marek Janowski oder Sir Roger Norrington.
Seit 2015 ist Kent Nagano Hamburgischer Generalmusikdirektor sowie Chefdirigent des Philharmonischen Staatsorchesters und der Staatsoper Hamburg und seit Juni 2023 auch dessen Ehrendirigent. Zu seinem Amtsantritt initiierte Nagano mit der „Philharmonischen Akademie“ ein neues Projekt, das den Auftakt zur jeweils neuen Opern- und Konzertsaison bildet und neben besonderen Spielorten auch ein großes Open-Air-Konzert auf dem Hamburger Rathausmarkt umfasst. 2016 waren Nagano und die Philharmoniker auf Südamerika-Tournee, 2019 folgten Konzertreisen nach Spanien und Japan, im Frühjahr 2023 gab das Philharmonische Staatsorchester unter seiner Leitung sein von Publikum und Presse bejubeltes Debüt in der New Yorker Carnegie Hall. Seit 2017 führt Kent Nagano mit dem Philharmonischen Staatsorchester die traditionsreichen Philharmonischen Konzerte in der Hamburger Elbphilharmonie fort, zu deren Eröffnung das Oratorium ARCHE bei Jörg Widmann in Auftrag gegeben und uraufgeführt wurde. Der Konzertmitschnitt ist bei ECM erschienen, Widmann erhielt dafür den OPUS KLASSIK als Komponist des Jahres 2019, und 2023 wurde ARCHE erneut mit großem Erfolg aufgeführt.
Das Philharmonische Staatsorchester gibt pro Saison insgesamt rund 35 Konzerte in Hamburg und spielt über 240 Vorstellungen der Staatsoper Hamburg und des Hamburg Ballett John Neumeier. Damit ist es Hamburgs meistbeschäftigter Klangkörper. Die stilistische Bandbreite der 140 Musiker, die von historisch informierter Aufführungspraxis bis hin zu den Werken unserer Zeit reicht und sowohl Konzert- als auch Opern- und Ballettrepertoire umfasst, sucht in Deutschland ihresgleichen.
Auch Kammermusik hat bei den Philharmonikern eine lange Tradition: Was 1929 mit einer Konzertreihe für Kammerorchester begann, wurde seit 1968 durch eine reine Kammermusikreihe fortgesetzt.
2008 wurden die damalige Generalmusikdirektorin Simone Young und das Philharmonische Staatsorchester mit dem Brahms-Preis der Brahms-Gesellschaft Schleswig-Holstein ausgezeichnet. Auf CD liegen ein kompletter Wagner-Ring sowie sämtliche Symphonien von Brahms und Bruckner vor – letztere in den selten gespielten Urfassungen – sowie Werke von Mahler, Hindemith, Berg und DVDs mit Opern- und Ballettproduktionen von Hosokawa, Offenbach, Reimann, Auerbach, Bach, Puccini, Poulenc und Weber.
Der musikalischen Tradition der Hansestadt fühlen sich die Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters ebenso verpflichtet wie der künstlerischen Zukunft Hamburgs. Bereits seit 1978 besuchen die Musikerinnen und Musiker regelmäßig Hamburger Schulen. Heute betreibt das Orchester ein breit gefächertes Education-Programm, das Schul- und Kindergartenbesuche, musikalische Patenschaften, Kindereinführungen, Familienkonzerte und Orchesterproben für Schulklassen beinhaltet und in der eigenen Orchesterakademie junge Musiker auf den Beruf vorbereitet. Damit leisten die Philharmoniker mit viel Spaß an der Sache einen wertvollen Beitrag zur musikalischen Nachwuchsarbeit in der Musikstadt Hamburg.
Mit Dirigent Andrey Boreyko richten wir die Ohren gen Osten aus. Der Tscheche Josef Suk, Schüler und Schwiegersohn von Antonín Dvořák, schuf mit seinem fantastischen Scherzo ein Orchesterwerk, das betont lebhaft daherkommt – und dem folgenden Divertimento aus Strawinskys Ballett „Der Kuss der Fee“ an Ausdruckskraft in nichts nachsteht.
Als Peter Tschaikowsky seine vierte Symphonie, eine der bekanntesten aus seiner Feder, schrieb, erlebte er tiefdunkle Zeiten. (Unglückliche Ehe, Nervenzusammenbruch, Selbstmordversuch – die Biografen malen düstere Szenen ...) Entsprechend klingt das Programm, das er dieser Vierten selbst beigab: In den ersten Takten sei die „Schicksalsgewalt“ zu hören. Dieses „Fatum“, so Tschaikowsky, kontrolliere uns beständig, so dass Glück und Friede niemals vollkommen würden. „Man muss sich ihm unterwerfen und seine Zuflucht in vergeblichen Sehnsüchten suchen.“ Nach „einem Schwarm von Erinnerungen“ und wilden Pizzicati der Streicher im berühmten dritten Satz kommt Tschaikowsky zu dem Schluss: „Wenn Sie in sich selbst keinen Anlass zur Glückseligkeit finden, blicken Sie auf andere.“ Das Leben sei letztlich „doch zu ertragen“ – sofern wir uns wie im Symphoniefinale einer „Volksbelustigung an einem Feiertag“ zuwenden.
Ort: Elbphilharmonie, Großer Saal, Platz der Deutschen Einheit 4, 20457 Hamburg