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Geschichte des Hamburg Ballett

Ballett in Hamburg 1678 – 1900
Schon seit der Eröffnung des ersten Hamburger Opernhauses im Jahr 1678 gab es ein Ballett, das in den prunkvollen Barockopern mitwirkte. Der berühmte Schauspieler und Prinzipal Friedrich Ludwig Schröder, selbst als Tänzer ausgebildet, übernahm 1769 das Ballett im Ackermannschen Comödienhaus und kommt den Wünschen des ballettfreudigen Publikums nach indem er zahlreiche Ballette in den Spielplan aufnimmt. Aus seiner Hand stammt als erste Kreation "Don Juan". Ab 1772 erscheinen viele Titel von Balletten und Pantomimen des Ballettmeisters Nikolini, auf den zwei Jahre später Antonio Sacco folgt. 1782 stehen 14 Ballette mit 74 Aufführungen neben 251 Opern- und Schauspielaufführungen auf dem Spielplan. 1818 gastiert Marie Taglioni, ihres Zeichens Begründerin des Spitzenschuhtanzes, mit vier Balletten in Hamburg. Lucile Grahn, eine der großen Ballerinen des 19. Jahrhunderts, vor allem für ihre präzise und brillante Tanztechnik berühmt, gastierte seit 1839 mehrfach in Hamburg. Nur vier Jahre später, 1843 kam mit Fanny Elßler die gefeierte "romantische" Ballerina zum ersten Mal nach Hamburg und begeisterte das Publikum mit ihren Paraderollen in "La Sylphide" und "Giselle". Von 1865 bis 1930 werden die Tänzer:innen überwiegend im Opernrepertoire eingesetzt, dessen Anforderungen zu dieser Zeit mit der Größe der Produktionen steigen.

Ballett in Hamburg 1900 – 1973
Nach dem ersten Weltkrieg übernimmt Olga Brandt-Knack, die 1908 den Deutschen Tänzerbund gründete, die Leitung des Balletts, das nun Tanzgruppe genannt wird – ein Zeichen, dass Hamburg auf dem Weg ist, ein Zentrum des neuen Ausdruckstanzes zu werden. 1932 kommt Helga Swedlund als Ballettmeisterin aus Breslau nach Hamburg. Sie erweitert das Ballettrepertoire um viele Neuschöpfungen der Klassik und der Moderne. 1937–39 bringt sie Igor Strawinskys "Petruschka" und "Feuervogel" heraus, bevor sie während des zweiten Weltkriegs nach Wien geht und erst 1946 zurückkehrt. In der Zwischenzeit übernehmen Erika Hanka, Max Aust und Erika Klütz die Leitung des Balletts. Die Erstaufführungen von Hindemiths "Nobilissima visione", Gottfried von Einems "Rondo vom goldenen Kalb" und Blachers "Hamlet" gehören zu den Ballettereignissen der Nachkriegsjahre. Von 1949 bis 1951 macht Dore Hoyer den Versuch, eine Tanzgruppe moderner Prägung zu schaffen und zeigt unter anderem Maurice Ravels "Bolero" und Bela Bartóks "Zigeuner".

Mit der Eröffnung des neuen Zuschauerhauses 1955 ist endlich die Bühne wieder frei für die ursprüngliche Funktion und somit für das Ballettschaffen. Gustav Blank wird 1957 Ballettmeister, baut das Ensemble aus und lädt berühmte ausländische Ensembles in die Hamburger Oper: darunter das Ballett des Bolschoi-Theaters mit Galina Ulanova, das American Dance Theatre und das Royal Ballet London. Mit George Balanchines New York City Ballet gastiert 1962 eine der berühmtesten Compagnien der Zeit in Hamburg. Zur Feier von Igor Strawinskys 80. Geburtstag tanzt das New Yorker Ensemble gemeinsam mit Mitgliedern des Balletts der Hamburgischen Staatsoper. Auch in den Folgejahren stehen zahlreiche Balanchine-Choreografien auf dem Spielplan. Von 1962 bis 1970 ist Peter van Dyk Ballettdirektor und erweitert das Repertoire u. a. um die großen klassischen Handlungsballette wie "Schwanensee", "Romeo und Julia", "Giselle" u. v. a. m. Nach einer Spielzeit unter Ballettdirektorin Sonia Arova übernimmt Fred Eckhard von 1971 bis 1973 die Leitung des Balletts.

Die Ära John Neumeier 1973 – 2024
1973 beruft Opernintendant August Everding den damals 34-jährigen John Neumeier zum Ballettdirektor und Chefchoreografen des Hamburg Ballett. Ab 1996 ist Neumeier Intendant des Hamburg Ballett. Über 51 Spielzeiten prägt er die Handschrift der Compagnie. In seinen Werken verbindet Neumeier die Tradition des klassischen Balletts mit modernen, zeitgemäßen Formen und schafft damit eine unverwechselbare choreografische Sprache. Über 170 Neukreationen schuf er in seiner Zeit beim Hamburg Ballett. International gelingt es ihm durch zahlreiche internationale Gastspiele nicht nur den Ruf der Compagnie zu stärken, sondern auch die Stadt Hamburg als Aushängeschild für das Ballett in Deutschland zu etablieren. Kreatives Zentrum mit neun Ballettsälen und Trainingsräumen ist das Ballettzentrum – John Neumeier in Hamburg-Hamm, in das die Compagnie 1989 einzog. Das Gebäude des Hamburger Architekten Fritz Schumacher beherbergt zudem die 1978 von John Neumeier ins Leben gerufene Ballettschule des Hamburg Ballett mit ihrer Vorschule, acht professionellen Ausbildungsklassen inklusive zweier Theaterklassen. Die Hamburgische Staatsoper ist die Heimatbühne des Hamburg Ballett, auf der in der Regel pro Spielzeit circa 80 Vorstellungen getanzt werden.

1973 etabliert John Neumeier ein neues Format, das sich bis heute großer Beliebtheit erfreut: die Ballett-Werkstatt. In diesen Matineen, die mehrmals pro Saison auf der Bühne der Hamburgischen Staatsoper stattfinden, vermittelt der Ballettintendant gemeinsam mit seiner Compagnie ausgewählte Aspekte der Ballettgeschichte, Informationen zum aktuellen Repertoire oder zum technischen und historischen Hintergrund der Ballette. Den Abschluss der Saison bilden seit 1975 die Hamburger Ballett-Tage. Die Festtage werden meist mit einer Premiere eröffnet und enden mit der Nijinsky-Gala, die neben dem Hamburger Ensemble weltweit gefeierte Stars präsentiert.

Das Hamburg Ballett heute
Am 1. August 2024 übernimmt der Deutsch-Argentinier Demis Volpi als Intendant die Leitung des Hamburg Ballett und die Direktion der Ballettschule des Hamburg Ballett. Volpi war von 2020 bis 2024 Ballettdirektor und Chefchoreograf des Ballett am Rhein und begeisterte das dortige Publikum durch ein abwechslungsreiches Repertoire aus Handlungsballetten und mehrteiligen Abenden sowie zahlreichen Neukreationen. In seinem ersten Jahr als Intendant in Hamburg öffnet Demis Volpi das Repertoire und präsentiert die choreografischen Sprachen von Pina Bausch, Aszure Barton, William Forsythe und Justin Peck mit bis dato in Hamburg noch nicht gezeigten Werken. Auch drei eigene Werke Volpis stehen auf dem Programm der ersten Spielzeit.

Nachweise:
Joachim E. Wenzel, "Geschichte der Hamburger Oper 1678 – 1978", Verlag Braunschweig: Waisenhaus, 1978
Gisela Jaacks, "300 Jahre Oper in Hamburg", Hamburg 1977, Christians Verlag

Fakten-Namen-Daten

Verfilmungen

und 2 Serien von "Ballett-Werkstätte" - auf DVD erhältlich 
 

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