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Ballett von John Neumeier

Beethoven-Projekt I

"Persönliche Gedanken und große Jubiläen kommen manchmal zusammen. Über viele Jahre habe ich mir überlegt, ein größeres Projekt mit Ludwig van Beethovens Musik zu realisieren. Überblickt man die Ballettmusiken großer Komponisten des 19. Jahrhunderts, ist es bemerkenswert, dass neben Tschaikowskys epochemachenden Werken Beethovens "Geschöpfe des Prometheus" zu den bedeutendsten Partituren gehört. Beethovens großartige Musik hat mich immer wieder tief berührt, ohne dass daraus bisher ein abendfüllendes Werk entstanden wäre. Mit Blick auf die anstehende Saison hatte ich das Gefühl, dass die Zeit dafür nun reif ist. Das große Beethoven-Jubiläum, das im Jahr 2020 ansteht, ist dafür ein zusätzlicher Ansporn."
John Neumeier

John Neumeier bringt mit dem "Beethoven-Projekt I" erstmals ein abendfüllendes Ballett mit Musik von Ludwig van Beethoven auf die Bühne. Angeregt vor allem durch dessen Klaviermusik taucht der Hamburger Chefchoreograf in den Klangkosmos des Großmeisters der Wiener Klassik ein. Bereits im April brachte John Neumeier das Ballett "Beethoven Dances" anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Ballettschule des Hamburg Ballett heraus. Musikalisch bilden die "Eroica-Variationen" und Beethovens Dritte Sinfonie den Rahmen des "Beethoven-Projekt I", dessen Ansatz John Neumeier mit diesen Worten erläutert: "Ursprünglich als Arbeitstitel konzipiert, entwickelte sich 'Beethoven-Projekt' immer mehr zum treffenden Ausdruck unserer Annäherung an Beethoven. Anders als etwa bei 'Anna Karenina' gibt es keine festgelegte Struktur. Fragmente spielen eine wichtige Rolle, dagegen existiert keine Handlung im eigentlichen Sinn. Als Choreograf wünsche ich mir, dass es als Sinfonisches Ballett angeschaut wird, dessen ‚Inhalt‘ sich allein aus der Emotion und Bewegung der Tänzer speist."


Musik: Ludwig van Beethoven
Choreografie, Licht und Kostüme: John Neumeier
Bühnenbild: Heinrich Tröger

Kammermusik und Musik vom Tonträger

2 Stunden 40 Minuten | 1 Pause
1. Teil: 80 Minuten, 2. Teil: 55 Minuten

URAUFFÜHRUNG:
Hamburg Ballett, Hamburg, 24. Juni 2018

ORIGINALBESETZUNG:
Mayo Arii
Florencia Chinellato
Patricia Friza
Greta Jörgens
Anna Laudere
Emilie Mazon
Yun-Su Park
Madoka Sugai

Karen Azatyan
Jacopo Bellussi
Borja Bermudez
Christopher Evans
Marc Jubete
Aleix Martínez
Matias Oberlin
Edvin Revazov
David Rodriguez

GASTSPIEL:
2019 Baden-Baden

Das Programmheft und die DVD sind in unserem Onlineshop erhältlich

[MEHR]
AUS JOHN NEUMEIERS KREATIONSTAGEBUCH ZUM "BEETHOVEN-PROJEKT I"

EINE ANDERE FORM
Das "Beethoven-Projekt I" verbindet die Gattungen Handlungsballett und Sinfonisches Ballett

Die Musik von Ludwig van Beethoven ist offensichtlich die Inspirationsquelle für das "Beethoven-Projekt I". Es geht darum, beim Hören seiner Musik meine persönlichen Gefühle spontan in Choreografie zu übertragen. Diese Musik mit "Tanz" (Tänzen) anzureichern, ist meine Absicht. Ohne einen durchdachten Plan oder ein "dramaturgisches Konzept" habe ich ganz einfach beim Hören der Musik Bewegungen erfunden: Situationen mittels Bewegung, humane Beziehungen beim Improvisieren zu Beethovens Musik. Parallel habe ich geforscht – habe die Lebensumstände Beethovens, auch seines Privatlebens, erkundet.

Ein vergleichbares Unterfangen, das trotz des intellektuellen (rationalen) Zugangs den bloß sinfonischen Charakter des Balletts (oder der Ballette) beeinflussen mag, die ich kreiere. Eine Figur, eine Persönlichkeit – eine Situation, Stimmung, Beziehung oder Beethoven selbst mag daraus während des Arbeitsprozesses hervorgehen (oder scheinbar entstehen). Einige Gegebenheiten aus Beethovens Leben mögen, für manche, sichtbar werden, in dem Werk wiedererkannt werden. Aber mein ursprüngliches, mein hauptsächliches Vorhaben bestand und besteht darin, zu seiner Musik zu tanzen – um so eine möglichst direkte choreografische Entsprechung zu Beethoven zu finden. Daher sollte das Ballett zuerst und vorrangig als sinfonisches Werk betrachtet werden – als Werk, in dem die Musik die auftretenden Figuren, Handlungen und Beziehungen bestimmt.

Zugleich ist es kein ausschließlich "abstraktes" Werk, weil Fragmente dramatischer Situationen nicht von der Hand zu weisen sind. Der Komponist sagte selbst, dass er beim Komponieren immer eine "Geschichte" im Kopf hatte (manchmal aus der Literatur). Weil seine Musik diese Geschichte aber nicht "illustriert", können wir meist nur vermuten, welche dramatische Situation "vertont" wurde. Ich denke, das Ballett sollte so betrachtet werden wie Beethovens Musik gehört wird: als visuelle Tanz-Dichtung – der poetischen Dimension von Beethovens Musik entsprechend. Ohne Zweifel gibt es oft eine Gefühlsebene oder einen Subtext in der strengen Architektur der Musik – wobei jedem selbst überlassen bleibt, sie emotional oder mit dem Verstand nachzuvollziehen.

Ich denke, in dieser Art sollte mein ›Beethoven-Projekt I‹ aufgefasst werden: als Werk eines Choreografen, der fasziniert von dieser außergewöhnlichen Musik ist und innerhalb ihrer erstaunlichen Architektur immer neue Gefühlsebenen freilegt – Schritt für Schritt und Tag für Tag auf dem aufbauend, was an Bewegungen und Charakteren spontan zutage tritt.

Ein choreografisches Gedicht, inspiriert von Beethovens Musik und vielleicht von Beethoven selbst –

Tagebucheintrag vom 5. April 2018

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